Griechenland ist zwar mit Säulen und Statuen gut ausgestattet, für den Straßenbahnfreund ist dieses Land jedoch nicht wirklich ein lohnendes Reiseziel. Lediglich die Hauptstadt Athen verfügt heute über einen Straßenbahnbetrieb, die anderen elektrischen Straßenbahnen (Thessaloniki, Patras und Kalamata) sind längst Geschichte. Ein Blick über den Straßenbahn-Tellerrand hinaus ist aber möglicherweise für den einen oder anderen Leser trotzdem interessant.
Beginnen wollen wir unsere Reise in Athen, dass neben seiner Straßenbahn auch noch mit dem größten Obus-System der EU aufwarten kann. Auch eine Metro und natürlich ein ausgedehntes Omnibusnetz gehören zum ÖPNV-Repertoire der 3,4 Mio. Einwohner zählenden Hauptstadt Griechenlands.
Die erste Straßenbahn verkehrte 1882 in Athen und wurde noch von Pferden gezogen. 1908 begann man mit der Elektrifizierung und dem Ausbau des Netzes. Dies galt auch für die seit 1887 verkehrende Dampfstraßenbahn nach Faliro. Seine größte Ausdehnung erreichte das Netz vor dem Zweiten Weltkrieg mit insgesamt 21 Linien. In den 1950er Jahren begann der Niedergang der Straßenbahn und in der Nacht vom 15. Zum 16. Oktober 1960 rollte letztmalig eine Straßenbahn durch Athen. Eine Ausnahme bildete die unabhängig betriebene Linie Piräus – Perama, die im Gegensatz zur innerstädtischen Straßenbahn nicht auf Meter-, sondern auf Normalspur betrieben wurde. 1936 in Betrieb genommen, war sie noch bis 1977 im Einsatz.
Das neue Netz
In den 1980er Jahren litt Athen dermaßen unter dem immer dichter werdenden Individualverkehr, dass man verschiedene Varianten schienengebundener Nahverkehrsmittel diskutierte. Neben dem Ausbau der U-Bahn, die damals nur eine Linie umfasste, wurde auch die Wiedereinführung der Straßenbahn überlegt. Letztlich entschied man sich für eine Kombination beider Varianten unter einem Dach.
Der Bau des neuen Straßenbahnsystems begann Anfang 2002. Bereits 1997 hatte Athen den Zuschlag für die XXVIII. Olympischen Spiele im Jahre 2004 erhalten und der Druck, ein leistungsfähiges Nahverkehrssystem zu etablieren war weiter gewachsen. Wenige Wochen vor der Olympiade wurden im Juli 2004 die ersten Bahnen auf das drei Linien umfassende Netz geschickt.
Mit dem Anschluss von Asklepios Voulas im Jahre 2007 hat das System insgesamt eine Länge von 27 km und 48 Haltestellen. Im Einsatz stehen 35 von AnsaldoBreda gelieferte, fünfteilige Niederflurwagen vom Typ „Sirio“. Das „T“-förmige Netz wird von drei Linien bedient, die jeweils zwei der drei Endstationen bedienen. Die Linien tragen übrigens zusätzlich zu den Liniennummern auch noch die Namen antiker Persönlichkeiten. Es verkehren die Linien:
T3 „Thukydides“: SEF – Asklepios Voulas (16,1 km, 31 Haltestellen)
T4 „Aristoteles“: SEF – Syntagma (14,2 km, 28 Haltestelle)
T5 „Platon“: Syntagma – Asklepios Voulas (18,2 km, 37 Haltestellen)
Wir starten unsere kleine Rundfahrt durch Athen natürlich am Syntagma-Platz, dem Platz der Verfassung. Aus den Nachrichten kennt man diesen Ort - hier befindet sich das griechische Parlament, vor dessen Toren sich in den letzten Monaten oft Demonstranten versammelten. Die Straßenbahnlinien T4 und T5 haben hier ihren Ausgangspunkt. Im Bild: Wagen TA10024, der soeben die Endstation erreicht hat.
Die Trassierung der neuen Straßenbahn ist sehr großzügig und trotz des ungünstigen Klimas oft auch als Rasengleis. An der Haltestelle "Leoforos Vouliagmenis" treffen sich gerade zwei Züge der nach Platon benannten Linie 5. Das Rasengleis wird unterirdisch bewässert und ist auch nur dort so grün, wo diese Anlagen funktionieren.
Die Straßenbahn wird zwar sehr gut angenommen, Mopeds jedoch sind in Griechenland noch beliebter. Hier beide Verkehrsmittel in der Kalliroiis-Straße.
Wagen 82 der ehemaligen Normalspurstraßenbahn von Piräus nach Perama wurde 1936 gebaut (übrigens auch von Breda). Er dient an der Haltestelle "Kasomouli" als Aufenthaltsraum für Straßenbahnfahrer. Ein weiterer baugleicher Wagen steht mit selber Aufgabe an der Station "Pikrodafni".
Ebenfalls an der Station Kasomouli entstand dieses Bild von TA10023.
Palmen an der Haltestelle? In Athen keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Wagen TA10028 an der Haltestelle "Amfitheas".
Großzügig präsentiert sich die derzeitige Endstation S.E.F. (Stadion des Friedens und der Freundschaft, Heimstätte des Basketballteams "Olympiakos Piräus"). Hinter der viergleisigen Anlage haben inzwischen auch die Bauarbeiten für die Verlängerung der Linie nach Piräus begonnen. Drei Sirio der Linie T3 und T4 warten auf ihren nächsten Einsatz.
Vom S.E.F. kommend erreicht Wagen TA10016 die Station "Kallithea". Alle Haltestellen sind großzügig mit modernen Wartehallen und Fahrkartenautomaten ausgerüstet. Eine einfache Fahrt kostet übrigens 1,20€, das Tagesticket gibt es für 4,00€.
Mit diesen beiden Nachtimpressionen vom S.E.F, lassen wir die Tram zurück und wenden uns dem anderen elektrischen Verkehrsmittel zu - dem Obus.
Seit 1953 (in Piräus bereits seit 1948) verkehrt in Athen auch der Obus. Er hatte anfangs die Straßenbahn ersetzt, wurde später jedoch auch auf andere Stadtteile erweitert. Mit seinen 25 Linie ist der Betrieb heute der größte seiner Art in der EU. Insgesamt werden 366 Busse eingesetzt, die zwischen 1999 und 2004 van Van Hool bzw. Neoplan geliefert wurden. Sie lösten innerhalb kurzer Zeit die über 350 SIU-Fahrzeuge aus sowjetischer Produktion ab, die seit den 70er Jahren den Betrieb prägten.
Im Gewühl der Panemistimiou-Straße unweit des Syntagma Platzes treffen wir Van Hool Nr. 7036 auf der Linie 15. Er wurde 2001 in Dienst gestellt.
Ihm folgt ein Neoplan Elbo. Wagen 8045 wurde im Jahre der Olympiade angeschafft, also 2004. Trotz ihres für Busse recht hohen Alters und der sehr ruppigen Fahrweise präsentieren sich die Busse in einem sehr gepflegten Zustand.
Dies gilt auch für Van Hool 7094. Auch er kam 2001 nach Athen und begegnet uns hier in der Stadiou-Straße, kurz hinter dem Omonia-Platz.
Am Kannigos-Platz treffen wir gleich auf zwei Neoplan Elbo. Zum einen vorn im Bild 8090, und dahinter den abgebügelten 8044. Auch sie wurden 2004 geliefert.
Noch einmal zurück in die Nähe des Omonia-Platzes. Hier rollt Van Hool 7052 in "Falschfahrt" durch die als Einbahnstraße ausgewiesene Straße des 28 Oktober.
Der Abstecher zum eigenständigen Netz in Piräus musste leider bis zum Abend warten, so dass nur noch ein halbwegs brauchbares Foto gelang. Van Hool 7042 direkt am Bahnhof Piräus, an dem sich auch der große Fährhafen befindet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen